Rezofaktor positiv oder wir sind die besseren Erwachsenen

Rezo und Gen Z

Der Artikel erschien am 24. September 2019 bei planung&analyse.

Die Diskussion um das Video des Youtubers Rezo, zur Zerstörung der CDU, machte deutlich, wie unterschiedlich jüngere und ältere Generationen sind und vor allem auch kommunizieren. Rezo, als Vertreter der jüngeren Generation, hat „mal kurz“ ein paar Themen im Netz recherchiert und bewegt seine Millionen-Follower-Schar mit einem Video. Die CDU und die gesamte ältere Generation bekommen das erst nicht so richtig mit, wissen gar nicht, wer der junge Influencer mit den blauen Haaren ist und reagieren nach längeren internen Verhandlungen mit einem Fax zur Stellungnahme. Das wirkt schon so, als würden sich hier zwei völlig unterschiedliche Welten begegnen und Schwierigkeiten haben, überhaupt ein gemeinsames Kommunikationsmedium zu finden.

Manche Medien sehen Rezo sogar als Vorboten einer neuen Revolution oder Apo- Bewegung, wie z.B. der Spiegel-Titel mit dem schönen Wortspiel: Die Rezoluzzer. Aber ist das wirklich so? Wie versteht sich die Gen Z?

In Tiefeninterviews mit der Gen Z ist von einem Gegeneinander der Generationen oder gar einer Revolution wenig zu spüren. Die jungen Befragten erleben sich vielmehr in einem Ergänzungsverhältnis mit der Elterngeneration. Sie fühlen sich eher wie in einer Art Team oder auch Symbiose, bei der die jüngere Generation ihre Aufgabe darin sieht, die die ältere auf bestimmte Missstände aufmerksam zu machen. Die Eltern-Generationen sollen die Miseren aufgreifen und die Sachen entsprechend der Vorstellung der Jüngeren regeln.

Die Gen Z strebt nicht wie die Apo-Bewegung die Machtübernahme an, sondern sie will die Eltern-Generation wachrütteln.

„Rezo wollte die aufmerksam machen auf die Sachen, die falsch laufen, damit die sich endlich mal darum kümmern. Der war dann auch voll überrascht über die Wirkung, die sein Video hatte, und ist dann auch erstmal untergetaucht.“

Die junge Generation sieht die Eltern-Generation nicht als Gegner, sondern als Erfüllungsgehilfen eigener Wünsche und Ansprüche. Denn sie sind im Vergleich mit früheren Generationen mit einem wesentlich größeren Mitspracherecht aufgewachsen. Ob beim täglichen Einkauf, bei der Urlaubsplanung, beim Autokauf, Hausbau oder auch bei der Partnerwahl von Mutter oder Vater – überall werden sie zu ihren Wünschen gefragt.

Die Eltern befragen sie von Kindesalter an zu allen Lebensbereichen und werden von ihnen als Enabler einer Vollversorgung gesehen. Sie sind stolz auf die Selbstbestimmtheit ihrer Kinder, auch um Konflikten aus dem Weg zu gehen und nicht für alles alleine verantwortlich zu sein.

Aber nicht nur die tolerante Versorgungshaltung der Eltern kann jugendliche Allmachtsphantasien fördern. Auch das Smartphone, als eine Art magisches Zepter der Macht, und das allwissende Netz nähren das Gefühl der Gen Z, dass alles zu jeder Zeit verfügbar und machbar wird. Während Google und Wikipedia alles wissen, erscheinen Eltern, Lehrer oder Politiker recht unwissend und verlieren an Autorität.

„Die Lehrer googlen ja selbst alles, das können wir auch selber.“

Überhaupt erleben sich die Jüngeren als viel versierter als die Älteren, denen sie, mit Blick auf neue Technologien, vieles erklären und beibringen müssen. Aus Sicht der Gen Z verlieren die älteren Generationen die wichtigen Dinge aus dem Blick, in erster Linie was die Zukunft angeht, scheinen scheinen den jungen Nachwuchs sogar immer zu fragen, in welche Richtung es gehen soll. Das wirkt fast unsicher und ein bisschen verzweifelt, wenn Gen Z alles richten soll. In diesem Sinne verunsicherte auch die sehr zögerliche Reaktion der Politiker auf das Rezo-Video. Es kommt die Frage bei den Jüngeren auf, ob die Älteren eigentlich noch verlässlich und handlungsfähig sind.

Insbesondere beim Thema Umwelt fühlt sich die Nachfolgegeneration der Gen Y in der Rolle der besseren Erwachsenen, die mehr Verantwortung für die Zukunft übernehmen als die Eltern-Generation, die alles verschwendet und ihren Müll liegen gelassen haben. Als bessere Erwachsene sehen sie ihre Aufgabe darin, ihre Eltern zu erziehen und zu ermahnen: Teilt euch eure Ressourcen ein und räumt bitte euren Müll auf, den ihr hier auf der Welt angerichtet habt!

Das Gefühl viel selbst bestimmen zu können bzw. auch zu müssen, führt bei der Gen Z jedoch auch zu einer Sehnsucht, sich an feste Strukturen und Autoritäten anlehnen zu können. Haltgebende Autoritäten werden dann gerne im Netz in Form von Influencern gesucht, die eher wie ältere Geschwister einen kleinen Erfahrungsvorsprung haben und sich doch in der modernen Welt auskennen – wie eben Rezo.

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