Nicole Hanisch über eine Generation, die durch Corona seelisch angekratzt ist und darüber neue Konsumgewohnheiten entwickelt.
Der Artikel erschien am 9. Oktober 2020 bei planung&analyse.
Wer war noch mal diese GenZ? Vor einem Jahr jedenfalls junge Leute, die extrem im Rampenlicht stehen. Die laut und meinungsstark auf die Straße gehen, für die Zukunft der Welt demonstrieren und sich selbstbewusst auf sozialen Kanälen präsentieren. Eine Generation, die nicht nur Influencern folgt, sondern immer auch Influencer ist. Eine Generation, die hofiert wird – von den Medien, den Marken, den Arbeitgebern und nicht zuletzt den eigenen Eltern. Eine Generation auch unter Beobachtung, die von Kindesbeinen an mit dem Smartphone die Welt dirigiert hat. So konnten wir im rheingold Institut die Generation Z in vielen Studien kennenlernen.
Während und nach des Lockdowns entdeckten wir in unserer Forschung neue Dynamiken. Corona hat die GenZ auf eine ganz besondere Weise seelisch angekratzt. Zum einen wird ihr von einem Tag auf den anderen die Aufmerksamkeit entzogen. Keine Fridays-for-Future-Demos mehr, keine Shoppingtrips, nicht mal die Lehrer und Lehrerinnen wollen in der Anfangszeit der Pandemie noch etwas von ihnen wissen. Ihrer Welt, bislang von 24/7-Verfügbarkeit geprägt, werden plötzlich Grenzen gesetzt und es kommen Zukunftsängste auf. Sie können nicht reisen, nicht feiern, Ausbildungsplätze, Auslandsaufenthalte und Studentenjobs fallen weg. Besonders schmerzhaft für Heranwachsende: Sie können sich körperlich nicht mehr ungezwungen ausleben, sollen nicht knutschen oder Freunde umarmen. Immer mehr fühlt sich für sie das Jahr wie ein verlorenes Jugendjahr an, was mit 18, 19, 20 noch richtig ins Gewicht fällt.
„Keine Fridays-for-Future-Demos mehr, keine Shoppingtrips, nicht mal die Lehrer und Lehrerinnen wollen in der Anfangszeit der Pandemie noch etwas von ihnen wissen.“
Gleichzeitig treten die erwachsenen Instanzen auf die Bühne, statt Luisa Neubauer wird Christian Drosten gefeiert, statt Rezo klickt Deutschland Markus Söder. Während Merkel & Co den Auftrag der Weltrettung wieder übernommen haben und mit strenger Hand durch die Pandemie führen, kuschelt sich die GenZ ins Familiennest und findet Gefallen an DIY, Backen und Spieleabenden mit den Eltern.
Gerade diese Selbstverständlichkeiten sind es aber auch, die die GenZ plötzlich wieder zu schätzen weiß und für Zufriedenheit sorgen. Schön, dass jemand ein gemütliches Zuhause richtet und im Notfall für mich da ist. Gut, dass es – im übertragenen Sinne – elterliche Instanzen gibt, die verantwortungsvolle Entscheidungen treffen. Und auch: „Ich bin dankbar, in Deutschland leben zu können“, wie eine junge Probandin es formuliert.
Die starken Veränderungen ihres Lebens haben auch Auswirkungen auf Gewohnheiten und Konsumvorlieben. Der Trend der Selbstoptimierung, der Wunsch die beste Version aus sich selbst zu machen, wird durch die Krise noch einmal verstärkt. Health-Themen werden wichtiger, der Körper soll durch Sport und Ernährung mit Zuckerentzug, Fitness-Apps und Proteinriegeln gestählt und „krisenfest“ gemacht werden. Doch auch Weiterbildung oder finanzielle Pläne zur Investition in die Zukunft helfen, mit der Ohnmachtserfahrung der Pandemie klar zu kommen und sich für schwere Zeiten zu rüsten.
Diese Dynamik kommt besonders großen Traditionsmarken zugute, die zum einen das gestiegene Sicherheitsbedürfnis der GenZ befriedigen. Während in stabilen Zeiten vor allem der Aufbruchsgeist junger Start-Ups gesucht wird, können jetzt große Marken mit ihrer Stabilität punkten. In der Krise wirkt die GenZ mit großen Marken, die wie Elterninstanzen Zuverlässigkeit, Geborgenheit und Trost bieten können.
Doch neben Geborgenheit wird von großen Marken auch eine klare Haltung und konsequente, zukunftsgerichtete Führung erwartet. Sie sollen nicht nur an ihren Traditionen festhalten, sondern auf die jungen Generationen zugehen und deren Interessen vertreten. Nachhaltigkeit soll kein Slogan sein, sondern gerade bei großen Marken auch eine große Hebelwirkung garantieren, um die Welt zu verbessern (Klimaschutz, No Waste, Tierwohl …).
Und trotz aller Grenzerfahrungen in der Krise – die GenZ lässt sich nach wie vor gerne umgarnen, besonders, wenn sie dabei die Richtung bestimmen darf. Für große Marken ist die Zeit also ideal, um offensiv die Herzen dieser Generation zu erobern.